§ 3 SBGG

Erklärungen von Minderjährigen und Personen mit Betreuer

(1) Eine beschränkt geschäftsfähige minderjährige Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen (§2) nur selbst abgeben, bedarf hierzu jedoch der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht. Mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2  hat die minderjährige Person zu erklären, dass sie beraten ist. Die Beratung kann insbesondere erfolgen durch

1. Personen, die über eine psychologische, kinder- und jugendlichenpsychotherapeutische oder kinder- und jugendpsychiatrische Berufsqualifikation verfügen, oder
2. öffentliche oder freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe.

(2) Ist die minderjährige Person geschäftsunfähig oder hat sie das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, kann nur der gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen (§2) für die Person abgeben. Die Erklärung bedarf des Einverständnisses des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Ein Vormund bedarf hierzu der Genehmigung des Familiengerichts; das Familiengericht erteilt die Genehmigung, wenn die Erklärung unter Berücksichtigung der Rechte des Mündels aus § 1788 des Bürgerlichen Gesetzsbuchsdem Wohl des Mündels nicht widerspricht. Mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2  hat der gesetzliche Vertreter zu erklären, dass er entsprechend beraten ist.

(3) Für eine geschäftsunfähige volljährige Person, für die in dieser Angelegenheit ein Betreuer bestellt ist, kann nur der Betreuer die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen nach § 2 abgeben; er bedarf hierzu der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Das Betreuungsgericht erteilt die Genehmigung, wenn die Erklärung einem nach § 1821 Absatz 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzsbuchs zu beachtenden Wunsch oder dem mutmaßlichen Willen des Betreuten entspricht.

Die folgenden Ausführungen sollen die Inhalte des Selbstbestimmungsgesetzes verständlich erklären. Es sind noch nicht alle Regelungen kommentiert. Sie bilden unseren jetzigen juristischen Wissensstand ab (Juli 2024). Wir beziehen uns auf den Gesetzestext und die Gesetzesbegründung. Gegebenenfalls ergeben sich zu einem späteren Zeitpunkt Anpassungsbedarfe. Unter dem Menüpunkt ‚Kritik‘ finden sich kritische Einordnungen des Gesetzes aus Perspektive von (Selbstvertretungs-)Organisationen.

§ 3 SBGG enthält Regelungen dazu, wie für Minderjährige und Personen mit Betreuer*in die Erklärung nach dem Selbstbestimmungsgesetz abgeben werden kann.

Altersstufen
Das Selbstbestimmungsgesetz ist ohne Altersgrenze anwendbar. Es enthält allerdings eine nach Alter abgestufte Regelung dazu, wer die Erklärung nach § 2 Abs. 1 SBGG abgeben kann:

1. Volljährige, also über 18-Jährige, geben die Erklärung grundsätzlich selbst ab (zu Personen mit gesetzlicher Betreuer*in unten).

2. Minderjährige, die zwischen 14 und 17 Jahre alt sind, geben die Erklärung auch selbst ab. Sie brauchen dazu jedoch die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter*innen. Das sind im Regelfall ihre Eltern.

3. Für Minderjährige, die jünger als 14 Jahre alt oder geschäftsunfähig sind, geben ihre gesetzlichen Vertreter*innen die Erklärung ab.

14- bis 17-Jährige müssen zusätzlich zur Versicherung nach § 2 Abs. 2 SBGG erklären, dass sie beraten worden sind. Beraten können z. B. psychologisches oder therapeutisches Fachpersonal oder Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Die Beratung kann aber auch anders erfolgen, etwa durch eine*n Vertrauenslehrer*in oder durch community-basierte Beratungsstellen. Ein schriftlicher Nachweis über die Beratung ist nicht erforderlich.
Verweigern die gesetzlichen Vertreter*innen (bzw. ein Elternteil bei geteiltem Sorgerecht) die Zustimmung zur Erklärung, kann die Zustimmung vom Familiengericht ersetzt werden. Das Standesamt informiert das Familiengericht. Dort wird dann in einem Prozess überprüft, ob die Änderung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Die jugendliche Person wird ebenfalls informiert. Will die jugendliche Person nicht, dass das Familiengericht einbezogen wird, kann sie dem widersprechen.

Jedes Kind wird weiterhin direkt nach der Geburt einem Geschlecht zugeordnet. Das ist in § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG geregelt. Danach kann jedoch eine Änderung nach dem Selbstbestimmungsgesetz vorgenommen werden. Hier geben die gesetzlichen Vertreter*innen die Erklärung ab und erklären, dass sie beraten sind.

Ist das Kind älter als 5 Jahre alt, bedarf die von den gesetzlichen Vertreter*innen abgegebene Erklärung des Einverständnisses des Kindes. Das Kind muss bei der Erklärung anwesend sein.

Geschäftsunfähige Personen können die Erklärung nach § 2 Abs. 1 SBGG nicht selbst abgeben. Wenn für sie in dieser Angelegenheit ein*e Betreuer*in bestellt wurde, gibt der*die Betreuer*in die Erklärung ab. Dazu bedarf der*die Betreuer*in der Genehmigung des Betreuungsgerichts.

Nach oben scrollen