Artikel „Hintergründe zum Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ in der StAZ 2024, 193 (Heft Nr. 7)​

Gesammelte Informationen für Standesbeamt*innen

Von Jan Plobner MdB, Standesbeamter der Stadt Nürnberg und Berichterstatter für die AG Recht der SPD-Bundestagsfraktion für das Selbstbestimmungsgesetz

Im Jahr 1981 trat das „Transsexuellengesetz“ (TSG) in Kraft und war damals vielbeachtet: Deutschland war nach Schweden der zweite Staat weltweit, der den Geschlechtseintrag überhaupt korrigierbar machte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Voraussetzung der Ehelosigkeit, eine verpflichtende Sterilisation und zahlreiche weiter Voraussetzungen aus diesem Gesetz für verfassungswidrig erklärt hatte, begannen auf der bundespolitischen Ebene sehr konkrete Debatten um eine Nachfolgeregelung – bis Ende 2017 erneut das Gericht Entscheidung zur „dritten Geschlechtsoption“ Bewegung brachte.

Mit Beginn der aktuellen Regierungskoalition wurde die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes im Koalitionsvertrag festgehalten. Dieses Gesetz wurde am 12. April 2024 mit Beschluss des Bundestages verabschiedet und nahm am 17. Mai 2024 im Bundesrat die letzte Hürde. Aus der standesamtlichen Perspektive ist eine Vielzahl an Regelungen relevant. Diese werden in dem Zeitschriftenbeitrag aus der Perspektive des Gesetzgebers vorgestellt.

Darunter Fragen im Zusammenhang mit dem oder den neuen Vornamen, die jedenfalls nicht schon verpflichtend zum Zeitpunkt der Anmeldung genannt werden sollen (§ 2 Abs. 3 SBGG), Fragen des möglichst weit auszulegenden Anwendungsbereiches (§ 1 Abs. 3 SBGG), der Zuständigkeit (§ 2 Abs. 1 SBGG i.V.m. § 45b PStG) und der elektronischen Abrufung von Daten nach §§ 10 Absatz 1 Satz 2 und 67 ff. PStG. Allgemein bringt der Artikel den gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck, dass bei der Anwendung des Gesetzes der Aufwand für die erklärende Person auf ein Mindestmaß zu beschränken ist.

Zu erklärenden Minderjährigen (§ 3 SBGG) sind einige Verfahrensfragen sowie die Grundsätze dargestellt, dass jede Form eines Nachweises über eine erfolgte Beratung, wie er beispielsweise aus dem Schwangerschaftskonfliktgesetz bekannt ist, für das SBGG explizit nicht vorgesehen ist, und Versicherungen sind nach dem Gesetz – vergleichbar mit solchen im Zusammenhang mit Vaterschaftsanerkennungen – explizit nicht an Eides statt abzugeben (§ 2 Abs. 2 SBGG i.V.m. § 3 SBGG).

Außerdem setzt sich der Artikel intensiv mit dem Verfahren der dreimonatigen Anmeldefrist (§ 4 SBGG) auseinander und weist dabei auf das frühere Inkrafttreten und eine möglichst kulante und zuvorkommende Anwendung hin – beispielsweise mit Blick auf einen als Reaktion auf die Anmeldung automatisch zu vergebenden Termin zur Entgegennahme der Erklärung.

Zur Frage der Eltern-Kind-Zuordnung (§ 11 SBGG i.V.m. § 48 Absatz 1a PStV) befasst sich der Artikel mit einigen Debatten im Gesetzgebungsverfahren. Die Normen entsprechen im Ergebnis zwar nicht vollumfänglich den Vorstellungen des Autors, aber sind auch lediglich als Interimslösung vor der umfassenden Reform des Abstammungsrechts angelegt. Im Artikel wird dabei auf den expliziten gesetzgeberischen Willen zu einem Hinweis durch das Standesamt auf die in § 48 Absatz 1a PStV geregelte Möglichkeit einer Geburtsurkunde mit der geschlechtsneutralen Bezeichnung „Elternteil“ hingewiesen.

„Der Gesetzgeber hat aus tiefer Überzeugung der freien Entfaltung der Persönlichkeit gegenüber gesellschaftlichen Geschlechterrollenerwartungen den Vorrang eingeräumt. Ich kann Sie, liebe Leserschaft, aus meiner Rolle als Bundestagsabgeordneter, aber auch aus meinem Verständnis als Kollege heraus nur herzlich einladen: Lassen Sie uns gemeinsam in unserer alltäglichen Arbeit diese staatliche Garantie für die Freiheit und die Würde des Menschen verkörpern – gerade auch in der Anwendung dieses Gesetzes.“

Der gesamte Artikel ist in der StAZ 2024, 193 (Heft Nr. 7) zu finden: Jan Plobner/Clara Markurt Hintergründe zum Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“

In der StaZ 2024, 193 (Heft Nr. 7), den gesamten Artikel lesen: Jan Plobner /Clara Markurt Hintergründe zum Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag unter StAZ Das Standesamt | VfSt

Weitere Informationen

Das Bundesinnenministerium hat in einem Rundschreiben im August 2024 darauf hingewiesen, dass entgegen einer vorherigen Einschätzung die Anzahl der Vornamen verändert werden kann. Es gelte eine Höchstgrenze von maximal fünf Vornamen, hieß es in dem Schreiben weiter.

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